Rike Wölke in ihrem Atelier, Künstlerin zwischen Kontrolle und Zufall in der Malerei

Rike Wölke: Zwischen Kontrolle und Zufall in der Malerei

October 29, 202515 min read

Rike Wölke über Bildmomente zwischen Pose und Offenheit, die Trias aus Selbstliebe, Eitelkeit und Ehrgeiz – und warum kontrollierter Zufall ihre Malerei voranbringt.

Die Bildwelten von Rike Wölke verbinden figurative Motive mit gestischen Prozessen und leuchtenden Kontrasten. In diesem Kurzinterview spricht die Künstlerin über Haltung und Handwerk, Präzision und Loslassen – und über Werke, in denen Tropfenprozesse und klare Linien ein Eigenleben entwickeln.
Ein Gespräch für Galerien, Ausstellungshäuser und neugierige Sammler:innen.

Austellung

Wenn sich Deine Malerei in einem Bildmoment verdichtet – welcher wäre das und warum?

Herzklopfen zwischen zwei Widersprüchen

Stell dir vor, du stehst vor einem Spiegel, der dich nicht glatt und makellos zeigt, sondern in Scherben zersprungen ist. Der Spiegel ist nicht kaputt, weil etwas Schlimmes passiert ist, sondern weil das Leben eben Spuren und auch Verletzungen mit sich bringt. Das ist bei jedem Menschen so – weil wir Menschen aus Vielfalt bestehen.

Jeder dieser Splitter spiegelt nun ein anderes Bild von dir: verzerrt, fragmentiert, manchmal verletzlich, manchmal schön, manchmal hässlich. Manche Splitter zeigen Schwäche oder Stärke – und manchmal zeigt sich brutale Ehrlichkeit.

Genau dieser Moment – wenn man begreift, dass man nie nur eine Version von sich selbst ist – das ist der verdichtete Bildmoment meiner Malerei. Ich male nicht die „glatte Oberfläche“, sondern die Brüche, die Schichten, die widersprüchlichen Gefühle: Selbstliebe, Unsicherheit und Eitelkeit, Ehrgeiz, Stolz und Erschöpfung.

Warum? Weil genau da für mich Leben und Liebe sichtbar wird. Perfektion ist stumm. Erst im Fragment, im Fehler, im Überfluss der Facetten beginnt eine Geschichte zu sprechen.

Meine Malerei verdichtet sich also nicht in einem „perfekten Augenblick“, sondern im Herzklopfen zwischen Widersprüchen. Das ist der Moment, in dem du innehältst, irritiert bist – und plötzlich etwas von dir selbst erkennst. Diese Erkenntnis ist ein Moment der Selbstakzeptanz und steckt voller wunderbarer Selbstliebe.

Figur und Gestus prägen Deine Werke. Wo beginnt bei Dir ein Bild – in der Figur, in der Farbe oder im Widerstand dazwischen?

Die erste mutige Entscheidung, die mich zwingt, ehrlich zu sein

Ein Bild beginnt bei mir da, wo noch nichts sichtbar ist – im Schweigen. So wie Musik nicht mit der Melodie beginnt, sondern mit der Stille davor. Bevor eine Figur entsteht, bevor Farbe sich Bahn bricht, ist da ein Raum, der mich herausfordert und Mut einfordert. Ein Vakuum. Fast so, als würde die Leinwand zurückschauen. Hat die Idee, die in meinem Kopf ist den Mut sich auf einem Medium auszubreiten. Kann ich ihr Gestalt geben.

Nicht die Figur, nicht die Farbe, sondern die erste mutige Entscheidung. Ein Strich, der zu dick gerät. Ein Farbton, der anders wirkt als gedacht. Farbe die zerläuft, tropft und sich mischt.

Meine Bilder wachsen also nicht aus der Sicherheit, sondern aus dem Moment, wo die Sicherheit der Kontrolle versagt. Darin steckt für mich auch das eigentlich Menschliche: Wir beginnen nicht aus der Perfektion heraus, sondern aus Brüchen. Das ist Wachstum. Das Bild beginnt für mich dort, wo ich bereit bin, meinen eigenen Widerstand gegen den Kontrollverlust aufzugeben.

Nashorn - Kunstwerk von Rike Wölke

Deine Arbeiten sind farbintensiv, kontrastreich, mit Tropfenprozessen. Welche Sehgewohnheit möchtest Du irritieren oder schärfen?

Bewertungsgewohnheit im Fokus

Sehgewohnheiten interessieren mich ehrlich gesagt kaum. Sehen ist der flachste Sinn, den wir haben – schnell, oberflächlich, ständig abgelenkt. Mich interessiert das, was hinter dem Blick liegt: das Fühlen.

Meine Tropfen, meine Farbkontraste, meine Intensität – das sind keine Spielereien fürs Auge. Sie sind wie Töne in einem Lied, das man im Bauch spürt, lange bevor man es versteht. Ein Bild von mir soll nicht fragen: „Wie sieht das aus?“, sondern: „Wie fühlt sich das an?“

Wenn ich male, geht es mir nicht darum, nur die Netzhaut zu reizen. Ich will die innere Linse verrücken. Wir glauben, dass wir mit den Augen sehen – aber in Wahrheit sehen wir mit unseren Gefühlen. Ein Tropfen, der scheinbar zufällig verläuft, spiegelt genau diesen Kontrollverlust wider, den wir so ungern zulassen, wenn wir fühlen. Meine Farbintensität ist kein Dekor, sondern ein Test: Hältst du aus, dass Rot dich anschreit? Dass Schwarz sich breitmacht? Oder bunt laut ist?

Ich möchte nicht die Sehgewohnheit irritieren, sondern die Bewertungsgewohnheit. Wir leben in einer Kultur, die Klarheit, Perfektion und Kontrolle feiert. Tropfen und wilde Linien sind das Gegenteil davon. Sie zeigen, dass Schönheit oft im Ungeplanten, im scheinbar Fehlerhaften entsteht.

Paul Klee sagte einmal: „Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder, sondern macht sichtbar.“

Genau das ist mein Anspruch: dass jemand mein Bild ansieht und plötzlich nicht mehr weiß, ob er das Bild sieht – oder ob das Bild ihn sieht.

Die Trias Selbstliebe, Eitelkeit, Ehrgeiz – was hat Dich dazu inspiriert, diese Kräfte malerisch zu verfolgen?

Selbstliebe, Eitelkeit und Ehrgeiz enthüllen, was wir oft nicht zugeben wollen

Ich erinnere mich an eine Frau im Café – sie versuchte sich an einem Selfie und schaute in ihr Smartphone, als wäre es ein Orakel. In diesem Blick lag alles: die Sehnsucht nach Anerkennung, die Unsicherheit vor dem eigenen Gesicht, und zugleich eine stille Kraft, die sagte: „Ich will gesehen werden.“

Selbstliebe, Eitelkeit und Ehrgeiz sind keine Gegensätze – es sind drei Seiten derselben Medaille. Selbstliebe ist der innere Atem, der leben lässt. Eitelkeit ist das Flirren der Oberfläche, manchmal belächelt, aber ohne sie würden wir nie das Bedürfnis haben, uns zu zeigen. Ehrgeiz ist die Energie, die uns zwingt, über uns hinauszuwachsen – und über unsere Grenzen zu gehen.

Ich male diese Themen, weil sie enthüllen, was wir oft nicht zugeben wollen. Denn wenn wir Eitelkeit wahrnehmen, ist es oft Angst. Was wir Ehrgeiz nennen, ist oft eine tiefe Sehnsucht, z.B. nach Liebe. Und wenn wir Selbstliebe leben, ist das oft die schwerste Übung unseres Lebens.

Ich male diese Kräfte nicht, um Antworten zu geben, sondern um die Fragen unübersehbar zu machen. Die Antworten findet jeder in sich selbst.

Dschungel

Verwandlung vs. Dekor – wann wird Schönheit für Dich existenziell, nicht nur schön?

Nicht makellos, sondern der Moment, in dem Schönheit Tiefe bekommt

Schönheit wird existenziell, wenn sie uns über die Oberfläche hinausführt. Meine Werke wirken oft auf den ersten Blick ästhetisch, harmonisch, fast makellos – so, wie wir es aus der Filterwelt kennen. Doch genau dort beginnt der zweite Blick: Ein Detail, ein Bruch, eine Irritation zieht den Betrachter tiefer.

So wie beim Menschen. Wir sehen ein Gesicht, das nach außen strahlt, doch dahinter liegen Schichten aus Sehnsucht, Dramen, Liebe, Wut, Zweifel und Mut. Das, was wir zunächst als Fehler werten, sind in Wahrheit die Facetten, die uns einzigartig machen.

Meine Malerei will keine Welken und keinen Verfall zeigen. Mich interessiert der Moment, in dem wir in all der Vielschichtigkeit Frieden finden. Schönheit bedeutet für mich: das Schöne bewusst zu wählen, nicht weil das Leben glatt wäre, sondern weil wir ihm den Wert geben.

Adorno sagte: „Schönheit verspricht das Glück, das nicht da ist.“

Ich drehe diesen Gedanken um: Schönheit ist die bewusste Entscheidung für Hoffnung – auch wenn alles andere in uns schreit. Darin liegt eine Verwandlung, die optimistisch macht, Mut gibt und unseren Blick von der Oberfläche auf die Tiefe richtet.

In meiner Kunst geht es also nicht um Dekor. Es geht darum, dass wir Schönheit als Prozess begreifen – als die stille Kraft, die uns wachsen lässt, wenn wir den Blick wagen, tiefer zu schauen.

Ein Werk in Kürze: von Grundierung bis letzter Linie – wie lässt Du den Zufall in Deine Flussbewegungen hineinwirken?

Das Unbekannte kommt nur in den Raum, wenn man den Zufall zulässt

Der Zufall ist für mich kein Gegner, den man zähmt, sondern ein Gesprächspartner. Wenn ich die Grundierung setze, ist das wie das erste Wort in einem Dialog. Ich lasse Strukturen stehen und walze sie nicht nieder. Mit jeder Schicht, mit jeder Linie antworte ich – aber der Zufall spricht immer mit. Die Tropfen, die laufen, die Linien, die ausbrechen, das Farbspiel, das sich verdichtet: Ich könnte sie kontrollieren, aber dann würde ich nur das abbilden, was ich bereits kenne. Das Unbekannte kommt nur in den Raum, wenn ich den Zufall zulasse.

Ich vergleiche es gern mit Jazz. Die Musiker haben eine Grundstruktur, doch die Magie entsteht in der Improvisation. In meinen Bildern ist die Grundierung diese Partitur – und die Tropfenprozesse sind die Soli. Ich folge ihnen, reagiere, manchmal widerspreche ich – aber ich lasse sie nie ungehört.

So wird der Zufall zum Prüfstein meiner eigenen Entscheidungen: Wieviel Raum gebe ich ihm? Wieviel lenke ich? Genau dort, im Dazwischen, beginnt das Lebendige. Dort ist die Seele des Werks und die schönste Harmonie. Wenn sich diese für mich einstellt und ich tiefe Zufriedenheit empfinde, erst dann ist ein Bild fertig.

Schönheit entsteht, wenn Kontrolle und Zufall sich begegnen – und einander nicht besiegen, sondern ergänzen.

Rike Wölke

Welche sogenannten „Fehler“ lässt Du stehen, weil sie für Dich Wahrheit erzeugen?

Fehler = Helfer: Gleiche Buchstaben, nur eine andere Reihenfolge

Ich glaube nicht an Fehler auf der Leinwand. Ich glaube an Entscheidungen, die mich an Orte führen, die ich nicht geplant hatte.

Wenn ein Tropfen anders läuft als gedacht, wenn eine Linie ausbricht oder eine Farbe kippt – dann ist das kein Scheitern, sondern ein Hinweis. Diese Spuren sind ehrlich, weil sie nicht aus Kontrolle geboren sind, sondern aus Wirklichkeit.

Viele Betrachter sehen Perfektion als Wahrheit. Wahrheit entsteht für mich aber dort, wo etwas unvorhersehbar war. Ein „Fehler“ zeigt, dass Leben im Bild pulsiert, dass es atmet. Und daraus ergibt sich eine Schönheit, die durch keine Perfektion erzeugt werden könnte.

In meiner Kunst dürfen diese „Helfer“ stehenbleiben – denn sie sagen mir nur, ich bin noch nicht fertig. Jeder Bruch ist eine Erinnerung dran, dass wir nicht glatt sind, wir sind nicht perfekt. Wir sind vielschichtig, widersprüchlich, manchmal roh – und genau darin liegt unsere wunderschöne Menschlichkeit.

Ich lasse Fehler stehen, weil sie mich zwingen loszulassen. Das ist jedes Mal ein harter Prozess für mich, aber der wichtigste, weil sie dem Bild seine Wahrheit geben.

Moonmädchen

„Selbstliebender Mohn (Mohnmädchen)“ – welche Entscheidung machte dieses Bild zu genau diesem Werk?

Ohne zu entschuldigen

Das Mohnmädchen war von Anfang an kein Bild über eine Blume, sondern über eine Entscheidung.

Die Entscheidung, nicht nur gesehen, sondern auch von sich selbst anerkannt zu werden. Mohn ist zart, verletzlich – seine Blütenblätter sind hauchdünn, fast durchsichtig. Und gleichzeitig wächst er trotzig in kargen Böden, leuchtet in einem Rot, das sich nicht übersehen lässt. Genau das war meine künstlerische Wahl: Verletzlichkeit nicht als Schwäche zu zeigen, sondern als Quelle von unbändiger Kraft und Präsenz. Die aber sofort verschwinden, wenn man ihn pflückt.

In diesem Werk gab es den Moment, in dem ich die Pinselstriche noch zurückhalten wollte – zu viel Rot, dachte ich, zu viel Präsenz. Ich habe dann eine Entscheidung getroffen, den Mut, die Figur strahlen zu lassen, ohne sie zu entschuldigen. Das hat das Bild zu diesem Bild gemacht. Dieses Motiv eröffnet sofort einen inneren Dialog mit dem Betrachter.

Selbstliebe entsteht nicht aus Perfektion, sondern aus der Wahl, mit allem zu sich zu stehen – auch mit den Brüchen, den Schatten, den Unschärfen. Das Mohnmädchen verkörpert diese Haltung: Es ist verletzlich und stark zugleich.

Es gibt ein schönes Zitat von Rilke: „Vielleicht sind alle Drachen unseres Lebens Prinzessinnen, die nur darauf warten, uns einmal schön und mutig zu sehen.“

Dieses Bild verkörpert genau das. Nicht für andere, sondern für sich selbst.

„Mondsüchtige Bienenkönigin“ oder „Pforte zum Paradies“ – wo verläuft für Dich die Grenze zwischen Metapher und Ornament?

Ornamente sind Form; Metaphern sind Sinn

Die Grenze zwischen Ornament und Metapher verläuft nicht auf der Leinwand, sondern im Moment des Blicks. Zuerst verführe ich mit Schönheit – Farben, Tropfen, Strukturen, fast wie ein Ornament, das einfach nur glänzt. Doch dann geschieht etwas: Ein Detail, ein Titel, eine Figur kippt das Ganze. Plötzlich ist das Bild nicht mehr Schmuck, sondern Spiegel. Genau wie beim Menschen: Die Filterwelt zeigt Oberflächen, doch die Tiefe beginnt erst dort, wo wir hinschauen, hinterfragen, uns berühren lassen.

Meine Bilder sind deshalb bewusst schön, manchmal fast makellos. Aber diese Schönheit ist kein Ende, sondern ein Türöffner. Sie lädt ein – und wer bleibt, entdeckt Metaphern von Sehnsucht, Liebe und Widersprüchen. So wie wir selbst sind: vielschichtig, verletzlich, widersprüchlich. Die Grenze zwischen Ornament und Metapher liegt in der Entscheidung des Betrachters, Schönheit nicht nur zu konsumieren, sondern zu erkennen, dass sie existenziell wird, wenn sie uns in die eigene Wahrheit führt.

Die Grenze verläuft dort, wo das Sichtbar-Machen zur Bedeutung wird: Ornamente sind Form; Metaphern sind Sinn. Bei meinen Bildern passiert das Überglühen dann, wenn Material, Titel und ein narrativer oder symbolischer Anker zusammenkommen — dann verwandelt sich das scheinbar Schöne in eine existentielle Erfahrung. Mit anderen Worten: Meine Kunst nutzt Ornament als Köder und Metapher als eine Art Falle (im besten Sinn) — sie zieht an, hält fest und öffnet einen inneren Raum.

Rike Wölke

Besuchserlebnis: Die Auswahl Deiner Werke ist kuratiert. Welche Wege durch die Hängung wünschst Du Dir – welche Bildpaare, Kontraste oder Ruheinseln sollten Besucher:innen entdecken?

Meine Bilder wollen nicht geordnet werden – sie wollen in Schwingung treten

Eine Hängung ist für mich nie ein starres Konzept, sondern immer ein Resonanzraum. Selbst Werke, die sich in einer Serie um ein zentrales Motiv bewegen, sind für mich eigenständige Geschichten. Sie können nebeneinanderstehen wie zwei Stimmen in einem Chor – manchmal harmonisch, manchmal in spannungsreicher Dissonanz.

Mich interessiert dabei nicht, was ich vorgebe, sondern was beim Betrachter geschieht. Wenn jemand vor meinem „Mohnmädchen“ steht und es mit „Frei“ kombiniert, entsteht eine völlig andere Erfahrung, als wenn „Mohnmädchen“ neben der „Mondsüchtigen Bienenkönigin“ hängt. Die eine Paarung erzählt vielleicht von Verwurzelung und Aufbruch, die andere von Sehnsucht und geheimnisvoller Kraft. Keine dieser Lesarten habe ich je vollständig in der Hand – und das ist gut so.

Denn Kunst folgt denselben Gesetzen, die auch das Leben bewegen.

Das Gesetz der Schwingung: Alles bewegt sich, alles schwingt. Jedes Bild trägt eine Frequenz, die mit dem Raum und dem Menschen davor in Resonanz tritt. Und genau daraus ergibt sich das, was wir fühlen – mal Vertrautheit, mal Irritation, mal ein tiefes Erinnern.

Oder das Gesetz der Entsprechung: „Wie innen, so außen.“ Ein Werk zeigt nie nur seine Farben und Formen – es spiegelt immer auch die Welt des Betrachtenden. Deshalb bin ich neugierig, welche Geschichten die Besucher:innen in meinen Werken finden, und nicht, ob sie „meine“ Geschichte sehen.

In diesem Sinne ist jede Ausstellung wie eine neue Reise. Ein Sammler, ein Galerist oder ein Besucher wird seine eigene Ordnung wählen – vielleicht durch Kontraste, vielleicht durch Ruheinseln. Und gerade diese Freiheit ist es, die meine Kunst lebendig hält: Sie zwingt nicht, sondern lädt ein. Sie macht nicht zu Objekten, sondern zu Resonanzflächen.

Am Ende gibt es keine „richtige“ Hängung – es gibt nur Begegnungen. Und jede davon ist einzigartig.

Wo verortest Du Deine Praxis innerhalb der zeitgenössischen figürlichen Malerei – wer sind für Dich Dialog- oder Gegenstimmen?

Ich sehe meine Kunst in Resonanz mit dem, was international gerade geschieht – farbintensiv, figürlich, emotional, manchmal auch irritierend. Aber als natürlichen Prozess. Ich lebe ja in dieser Zeit und spiegele sie, nehme sie auf und interpretiere meine Gefühlswelt und Eindrücke. Ich schätze beispielsweise die Arbeiten von Kelly Behun sehr. Diese Art, Räume und Werke in ein energetisches Ganzes zu verweben, inspiriert mich.

In meiner Arbeit geht es aber nicht um ein Konzept, sondern die direkte emotionale Wirkung.

Vergleiche sind für mich überwiegend schwierig. Vergleiche dienen dem Ego, und das Ego zerstört Intuition. Meine Kunst entsteht nicht aus einem Abgleich mit dem Außen, sondern aus einem inneren Impuls. Auch mit der Gewissheit, dass andere Schwingungen dem Dialog dienlich sind, selbst wenn sie gegenteilig wirken. Ich will nicht messen, sondern resonieren lassen. Jeder Künstler braucht seinen Wirkungsbereich – und vielleicht ist meiner, dass ich nicht den Trend, sondern die eigene Wahrheit in Farbe, Formen und Themen übersetze.

Welche formale Entscheidung möchtest Du 2025/26 riskieren – und warum?

„Riskieren“ irritiert mich in dieser Frage. Wenn ich riskieren müsste, würden die Dinge nicht intuitiv und leicht von der Hand gehen. Ich vertraue auf die Entwicklung als natürlichen Prozess. Risiko verbinde ich ehr mit der Tatsache etwas mit Druck in eine Richtung zu schieben, für die ich möglicherweise gar nicht vorherbestimmt bin. Dabei sehe ich alles, was mich findet als Geschenk. Oder ich versuche das zumindest.

Ich nehme mir mal heraus, die Frage umzuformulieren. Gibt es formale Ideen, die ich in naher Zukunft umsetzen will. Ich hoffe, das ist in Ordnung.

Zu der Frage kann ich sagen, dass mich die Themen oft sehr intuitiv finden. Ich lasse mich finden. Und das ist keine Floskel, sondern wahrscheinlich die ehrlichste Entscheidung, die ich für meine künstlerische Zukunft treffen kann.". Der Weg legt sich allein vor meine Füße.

Ich reise, höre Musik, erlebe ein Konzert, beobachte Begegnungen oder nehme in einem Café sitzend eine Szene wahr, die sich mir einbrennt. Das bewege ich und das setze ich dann künstlerisch um. Intuitiv wähle ich Format und Techniken. Ich lasse atmen, ich warte auf Antworten. Mal übersetze ich, mal bleibe ich plakativ. Eine formale Entscheidung zu treffen, aus heutiger Sicht, würde sich wie eine Fessel anfühlen, eine Grenze, die ich mir nicht setzen will. Ich möchte meine Freiheit ausschöpfen, denn das ist für mich Kunst. Egal, ob es auch nur eine Person gibt, die mag, was ich tue. Ich liebe jede Faser meiner Arbeiten. Und das reicht für mich.


Rike

Kurzprofil

Name: Rike Wölke · Zeitgenössische Künstlerin des Expressionismus

Stil: Contemporary Painting, Expressionismus, Mixed Media

Medien: Acryl, Mixed Media

Themen: Freiheit & Loslassen · Innere Welten & Emotionen · Selbstliebe & persönliche Entwicklung · Beziehungen & zwischenmenschliche Dynamiken · Grenzen & Transformation · Dialog zwischen Farbe, Form & Gefühl

Aktuell: 08/2025 – 11/2025: Ausstellung „Selbstliebender Mohn“ bei der CCS Galerie Berlin, Berlin. 05/2025: Ausstellung bei der Hamburger Kunstgalerie (Hamburg)

IG: https://www.instagram.com/rikewolke7

Back to Blog